Erlebnistherapie

Geschichte- Verständnis- Definition

Erlebnistherapie. Das ist neu oder? Was genau ist das? Und was kann das? Und wer kann das? Ist das so wie Psychotherapie? Oder Outdoortraining für ganz krasse Fälle, wie im Fernsehen? Was ist der Unterscheid zur Naturtherapie- oder ist das alles dasselbe?

Viele spannende Fragen stehen da im Raum, wenn Mensch sich näher mit dem Thema Erlebnistherapie befassen möchte. Und nicht alle lassen sich -bisher- ganz eindeutig beantworten. Dieser Artikel möchte versuchen ein wenig Licht ins Halbdunkel zu bringen und ein paar Antworten zu liefern. Und wir wollen hier aber auch versuchen, unseren eigenen Ansatz vorzustellen, denn in den Augen vieler TeilnehmerInnen aus den Ausbildungsgruppen der letzten Jahre machen wir „sowas wie Erlebnistherapie“ ja schon lange 🙂

Der Bereich Erlebnistherapie nicht nur bei N.E.W. recht neu, sondern steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Nicht, weil da das Rad neu erfunden wird, sondern weil der Bereich bisher einfach nicht klar definiert ist- und das auch gar nicht so einfach ist. Es geht um Klarheit was die Bereiche Adventure Therapy, Naturtherapie und Erlebnistherapie auf der einen, und der Psychotherapie oder klinischen Therapie auf der anderen Seite angeht. Zudem um die Vereinbarkeit oder Ergänzung dieser beiden Felder. Und natürlich um eine Definition des Berufsbildes selbst.

Im Bundesverband Erlebnispädagogik kümmert sich ein eigener Fachbereich um die Klärung wichtiger Fragen und ist darum bemüht, ein einheitliches Berufsbild zu erarbeiten.

Bei uns, also bei N.E.W. ist dieser neue Bereich der Erlebnistherapie über die Ausbildungsarbeit der letzten 10 Jahre entstanden, ja, hat sich beinahe aufgedrängt… Wir haben viel erlebt, geforscht, gelernt, ausprobiert, verworfen, konzipiert, gesprochen, gespürt, getestet, gelesen und geschrieben… Vor Allem haben wir in den letzten Ausbildungsgruppen vermehrt Elemente aus dem wachsenden Methodenpool (unserer) Erlebnistherapie einfließen lassen- mit teilweise überwältigender Resonanz und vielen ermutigenden Stimmen die uns letztendlich bestärkt haben, dem Ruf nach einer Weiterentwicklung unserer Arbeit zu folgen und 2023 Erlebnistherapie erstmals als Ausbildungsdurchgang (Ausbildung Erlebnistherapie) anzubieten. Aber von vorne…:

Von der Erlebnispädagogik zur Erlebnistherapie

Was macht denn eigentlich den Unterschied von Erlebnispädagogik und Erlebnistherapie aus?
Die Abgrenzung verläuft natürlich fließend. Die Erlebnistherapie bedient sich auch klassisch erlebnispädagogischer Methodik. Beispiele wären hier das Spiel und generell handlungsorientierte Projekte. Zudem natürlich alle tradierten Methoden die die Teilnehmenden fordern oder dazu einladen, Ihre Komfortzone zu verlassen und Neuland zu betreten.

  • In der „klassischen“ Erlebnispädagogik hingegen kommen oft individuelle Themen zum Vorschein oder Methoden zum Zuge die, achtsam angewandt, durchaus therapeutischen Benefit haben können (Körperübungen, Vertrauensübungen etc.).
Erlebnistherapie-Ausbildung Naturtherapeutische und Erlebnistherapeutische Prozessbegleitung
  • Demnach ist, vereinfacht gesagt, die Erlebnispädagogik eher handlungsorientiert ausgelegt und hat als übergeordnetes Ziel meist ein pädagogisches oder sozialpädagogisches. Sie trainiert also beispielsweise soziale Kompetenzen (Kommunikationsfähigkeit, Zuhören), ist aber durchaus der Persönlichkeitsentwicklung zugewandt.
  • Die Erlebnistherapie hingegen bewegt sich eher im Spektrum der Persönlichkeitsentwicklung. Sie ist eher dem Bereich Heilung, Sinnsuche oder Neu- Ausrichtung zugewandt. Außerdem bedient sich einem eher therapeutischen Instrumentarium beziehungsweise richtet das Setting, das Erleben und die angewandten Methoden explizit danach aus.

Adventure Therapy, Naturtherapie und Erlebnistherapie

Versuch einer kurzen Begriffsklärung

Adventure Therapy und Wilderness Therapy

Anfang des 20ten Jahrhunderts stellte man in den USA fest, dass Patienten, die mangels freien Betten in psychiatrischen Kliniken in Zelten im Garten untergebracht wurden schnelleren Behandlungserfolg hatten als jene, welche im Haus untergebracht wurden. Diese sog. „Camping Therapy“ kann als Ursprung der Naturtherapeutischen Entwicklung gesehen werden. (Quelle: Lowry, T.P.: Camping Therapy. Thomas Books 1974)
Vielmals wird Kurt Hahns Ansatz welcher 1940 entstand auch als Beginn der Naturtherapie gesehen. Bereits in den 60er Jahren entstand vor Allem in den U.S.A. das Konzept der „Adventure Therapy„, auch „Wilderness Therapy“ oder dt. „Abenteuertherapie“ oder „Wildnistherapie„. Dieses Format stellt im Wesentlichen eine Weiterentwicklung der erlebnispädagogischen Idee Kurt Hahns dar.  Es richtete sich jedoch weitgehend an Suchtkranke und Jugendliche in schwierigen Lebenslagen, also mit „Verhaltensproblemen“ oder „psychologischen Schwierigkeiten“. Die Maßnahmen wurden oft verordnet, eine Freiwillige Teilnahme war demnach mehrheitlich nicht gegeben.

Mit der Ausbildung Systemische Erlebnistherapie begibst DU DIch auf eine spannende Reise!

Diese Formen der Erlebnistherapie werden auch als „psychotherapeutische Interventionsmethoden“ bezeichnet. Sie werden – auch heute noch- zum Teil begleitend zu klinischen Therapieformen- eingesetzt. Vor Allem in den U.S.A. ist ein relativ großer Markt entstanden- mit Preisen um die 500$ pro Tage und Jugendlichen. Um hier eine gewisse Qualitätssicherung zu gewährleisten haben sich Organisationen wie die „National Association of Therapeutic Schools and Programs – NATSAP“  gebildet.
Im Wesentlichen geht es bei dieser Form der Erlebnistherapie um einen (radikalen) Systemwechsel. Die Jugendlichen werden aus ihrem gewohnten sozialen Umfeld herausgenommen und für mehrere Wochen in ein relativ einfaches, naturbasiertes Setting gebracht. Dort erfahren sie eine radikale Reduktion der gewohnten Reize wie Smartphones etc. Sie entsagen dem Komfort einer beheizten Unterkunft, haben viel Zeit zur Selbstreflexion. Und sie erfahren dabei die echten und unmittelbaren Konsequenzen ihrer eigenen Handlungen, beispielsweise beim Feuer machen oder Zelt aufbauen.

Ausbildung Erlebnistherapie auf der Ziegenalm Pianezzola

Naturtherapie

Die Naturtherapie wird bisher eher als Ergänzung zur Psychotherapie verstanden. Hier wird ein therapeutischer Klient*in- Psychotherapeut*Innen- Kontakt in die Natur, beispielsweise auf einen Spaziergang verlegt. Dadurch wird das „klassische Setting“ -sich gegenüber zu sitzen in einem geschlossenen Raum- aufgelöst. Es kommen neue Ebenen, Perspektiven und Möglichkeiten der Therapiegestaltung hinzu. Der oder die Klient*In kommt beim Aufenthalt oder Spaziergang im Freien in Kontakt zum Lebendigen in der Natur wie auch in sich selbst.
Es geht in der Naturtherapie weniger darum, ein „Erlebnis zu haben „oder „Naturerfahrung zu machen“, sondern vielmehr darum im „Erleben zu sein“. Die umgebende Natur wie sich selbst im Kontakt mit ihr erlebend wahrzunehmen.
(Quelle: Sandra Knümann: Naturtherapie. Beltz, 2019. S. 80)

Systemische Naturtherapie induziert einen Heilungsprozess, dessen zentrale Bühne nicht die Interaktion zwischen Therapeut und Klient ist, sondern die Beziehung und das Wechselspiel zwischen Klient und Natur“
(Quelle: Astrid Habiba Kreszmeier: Systemische Naturtherapie. Carl Auer 2019)

Hierzulande sind die systemische Naturtherapie, die achtsamkeitsbasierte Naturtherapie (humanistisch) oder die integrative Naturtherapie (verhaltenstherapeutisch) die verbreitetsten Ansätze der Naturtherapie.  Allen Ansätzen gemeinsam ist die Annahme, dass der Mensch als Wesen ebenfalls Teil der Natur ist- Jedoch hat Mensch sich durch einen gesellschaftlichen Entfremdungsprozess von dieser entfernt. Man geht davon aus, dass durch eine Rückbesinnung zur Natur seelisches Leid gemindert oder reduziert werden kann (siehe auch „Waldbaden“, weiter unten).

Erlebnistherapie

Bei der Erlebnistherapie handelt es sich um ein noch recht neues und eher weit gefasstes Feld. Der Bundesverband Erlebnispädagogik hat bereits 2017 ein Arbeitskreis bzw. Fachbereich ins Leben gerufen. Dieser bemüht sich um ein einheitliches Berufsbild „Erlebnistherapie“. Die Definition dieses Arbeitsbereiches beschreibt Erlebnistherapie wie folgt (unsere Definition findest Du weiter unten):

Unter Erlebnistherapie versteht man einen ganzheitlich handlungsorientierten Ansatz, der mit erlebnis- und naturpädagogischen Methoden therapeutische Settings unterstützt, ergänzt oder eigenständig gestaltet (…)“
(Quelle:
https://www.bundesverband-erlebnispaedagogik.de/fileadmin/user_upload/be-ep.de/Dateien/Pdf/Downloads/20-05-26_be_selbstverstaendnis_erlebnistherapie.pdf)

Demnach kann Erlebnistherapie aktuell als Mischform oder interdisziplinäre Begleitung bezeichnet werden der sowohl natur- als auch abenteuertherapeutische wie auch erlebnispädagogische Methodik beinhalten kann.

Ein magischer Ort erwartet uns auf Pianezzola
Erlebnispädagogik und erlebnistherapeutische Prozessbegleitung...

Prozessbegleitung bei N.E.W.

Unsere Arbeit in der Ausbildung Erlebnispädagogik hat in den vergangenen Jahren in Bezug auf individuelle Prozesse sehr an Intensität gewonnen. Im geschützten Rahmen der festen Gruppen konnten Menschen sich öffnen, sich selbst zuwenden, eigene Themen erkennen und benennen, kommunizieren und „angehen“. Mitunter wurde unser Ansatz als therapeutische Erlebnispädagogik oder erlebnisreiche Prozessbegleitung bezeichnet.
Vor Allem in den zurückliegenden Pandemiejahren gab es eine Zeit, in der menschliche Nähe tabuisiert wurde. Im gesellschaftlichen Raum wurde dieser zeitweise sogar rigoros eingeschränkt . Darunter haben viele Menschen mehr gelitten als ihnen zum Teil bewusst war. Das Feld „Nähe und Berührung“ hat während dieser Zeit im Rahmen der Ausbildung eine besondere Rolle bekommen. Daher haben wir vermehrt „Bodywork“ im Gruppenkontext als wertvolles, wundervolles und im wahrsten Sinne berührendes Methodenrepertoire erschlossen und weiterentwickelt.

Ähnlich verhält es sich mit den Bereichen Breathwork, Cold Exposure („Eisbaden“) oder auch theaterpädagogischen wie musikalischen Elementen…
Der Aspekt der Freiwilligkeit ist dabei fest im Konzept von N.E.W. verankert. Ferner arbeiten wir aus der Sicht der Abenteuertherapie mit eher subtilerer Methodik, welche das abenteuerliche an den eingesetzten Methoden oft nicht oder nur auf den zweiten Blick erkennen lässt. Daher bezeichnen wir unseren Ansatz bewusst NICHT als „Adventure Therapy“. Auch ist unser Ansatz der Erlebnistherapie präventiv und inspirierend ausgerichtet. Vor Allem möchte er Resilienz, Stressmanagement und Lebensfreude fördern. Er will die eigene Intuition und das Vertrauen in diese stärken. Und wir möchten Mut machen, individuelle Ressourcen zu entdecken.

Wir verwenden die beiden Begriffe „Naturtherapie“ und „Erlebnistherapie“ relativ synonym. Es kommt dabei darauf an, ob der Schwerpunkt des Settings im Natur- Kontakt, in der Naturerfahrung oder dem unmittelbaren Erleben liegt.

Ebenso wenig wie der Begriff bzw. die Berufsbezeichnung „Erlebnispädagoge*in “ ist der Begriff „Erlebnistherapeut*in/“ bzw. Naturtherapeut*in im Übrigen bislang geschützt oder mit „offiziellen“ Vorgaben verbunden

Unsere Definition Erlebnistherapie 

„Erlebnistherapie bezeichnet einen erlebnisorientierten, (prozess-) begleitenden Ansatz, der in einem natürlichen oder naturnahen,  geschützten Setting mittels interdisziplinärer Methodik individuelle psychische Heilungs- und Wachstumsprozesse ermöglicht, fördert oder begleitet.“
Leif Cornelissen, Thomas Elgner, N.E.W. Institut

Wie auch in der Erlebnispädagogik ist dieser Ansatz als handlungs- und erlebnisorientiert zu verstehen. Entwicklungs- und Veränderungsprozesse werden durch Erfahrungsräume eingeleitet und unterstützt, die es den Teilnehmenden ermöglicht, sich selbst im Spiegel einer Gruppe zu erfahren. Dabei werden Verhaltens- und Denkmuster aufgedeckt bzw. sichtbar und fühlbar gemacht. Vorrangiges Ziel ist es dabei, das Selbstbewusstsein der Teilnehmenden zu unterstützen. Ferner das Gefühl für die eigene Wirkmächtigkeit und Handlungskompetenz zu stärken. Die Entwicklung von Achtsamkeit, Selbstakzeptanz und Eigenliebe sind die übergeordneten Ziele der erlebnistherapeutischen Prozessbegleitung.

Erlebnistherapie ist therapeutische Arbeit in der Natur
Die Gruppe übernimmt für die Erlebnistherapie die wichtige Funktion des Raumhaltens.

Prozessraum: Die Rolle der Gruppe

Intrapersonale und interpersonale Prozesse sind dialektisch miteinander verwoben und stellen die Basis dieser Arbeit dar. Die vertiefte Selbsterfahrung wird durch eine Vielfalt von Methoden aus den Bereichen der Erlebnispädagogik, der Ritual- und Visionssuchearbeit, Theaterpädagogik, Breathwork, dem Spiel, aber auch tanztherapeutischen und musikalischen Elementen sowie einer achtsamkeitsbasierten Körperarbeitspraxis (Bodywork) und vielem mehr unterstützt.

Die Teilnehmenden lernen und üben in geschützten Räumen durch wertungsfreie Selbstwahrnehmung die eigenen Bedürfnisse besser wahrzunehmen. Sie lernen, der eigenen Intuition mehr zu vertrauen. Ein respektvoller Umgang, ein liebevoll unterstützendes Gruppensetting sowie professionell gehaltene Erfahrungsräume ermöglichen es den Teilnehmenden, an ihren eigenen Bedürfnissen und Möglichkeiten orientierte Wachstumsprozesse zu durchleben und diese erfolgreich in ihr Leben zu integrieren.

Die Prozesstiefe entsteht im Zusammenspiel aller beteiligten Personen. Sie ist unter anderem von der Erfahrung und Bereitschaft der “Raumhalter*innen” abhängig. Dabei ist es wichtig ist zu verstehen, dass die Aufgabe des „Raumhaltens“ nicht allein die der Prozessbegleiter*innen (oder wie auch immer wir uns nennen wollen) ist. Es geht darum, dass die Gruppe in ihrem gemeinsamen Wachstumsprozess befähigt wird, immer tiefere Räume für sich selbst zu halten. Veränderung und Wachstum findet demnach nicht durch die Interaktion mit der einen oder dem einen Therapeuten statt, sondern durch (selbst)reflexive Gruppenprozesse. In diesen nehmen die Teilnehmenden verschiedene Perspektiven und Rollen ein. Die Aufgabe der Prozessbegleiter*innen ist, einen stabilen und sicheren “Metaraum” zu erschaffen in dem die Gruppe gemeinsam ein transformatorisches Feld erschaffen kann. Gleichzeitig ist es ihre Aufgabe, durch gezielte Intervention und Angebote Impulse und Informationen “einzubringen”. Diese ermöglichen neue Erfahrungen und veränderte Perspektiven. So können Glaubenssätze sichtbar gemachen und hinterfragt werden, um damit das Bewusstsein für Eigenverantwortung und das Gefühl von Selbstwirksamkeit zu stärken.

Wir selbst verstehen unsere Funktion der Begleitung übrigens im ursprünglichen Sinne des Wortes „theràpon“ als Diener und Wegegleiter und auf Augenhöhe. Aus dem griechischen kommend bedeutet „therapīa“ (θεραπεία) auch Dienst, Behandlung oder Pflege, während heute der Begriff „therapeutisch“ oft medizinisch konnotiert ist, einer solchen Diagnose bedarf und mit Maßnahmen zur Behandlung von Verletzungen (auch psychischen) gleichgesetzt wird.

Setting: Natur pur!

Generell arbeiten wir in der Erlebnispädagogik wie in der Erlebnistherapie auch und vor Allem daran, Menschen jeglichen Alters wieder einen Zugang zur Natur zu ermöglichen. Nicht nur die Entfremdung im Bereich Nähe und Berührung, sondern generell eine Entfremdung der Menschen von ihrem natürlichen Lebensraum wird im (natur-)therapeutischen Verständnis als grundlegendes Problem und Ursache für Leid verstanden. Und es sind nicht nur Kinder und Jugendliche die durch vermehrten und teilweise unkontrolliertem Medienkonsum unter dieser Entfremdung leiden. Vielmehr ist diese als gesamtgesellschaftliches Phänomen zu betrachten. Mit der erlebnistherapeutischen Arbeit wollen wir diesem Trend entgegenwirken. Wir wollen den Teilnehmenden funktionelle, wirksame und oft verblüffend einfache Werkzeuge an die Hand geben. Sowohl für die eigene Entwicklung als auch die Arbeit mit den eigenen Teilnehmer*innen. Das wichtigste Werkzeug in der Therapie ist nachweislich die Therapeut*in selbst. Diesem Werkzeug wollen wir unsere besondere Aufmerksamkeit schenken, es sich weiterentwickeln und wachsen lassen.

Der Naturbezug ist ein wesentlicher Baustein unserer erlebnistherapeutischen Arbeit

Es gibt viele mittlerweile gut belegte Gründe, therapeutische (und pädagogische!) Settings zurück in die Natur zu verlegen. Neben dem individuellen Wohlbefinden und gesundheitlichen Benefits der frischen Luft schafft es sogar die Natur ganz alleine und ohne therapeutischen Beistand, der menschlichen Gesundheit ganzheitlich gut zu tun. Wissenschaftlich nachgewiesen ist die Wirksamkeit der „zweckfreien Naturaufenthalte“ mittlerweile durch einen in Europa relativ neuen Trend aus Fernost:

Waldbaden kann Teil der Erlebnistherapeutischen Arbeit sein

Vor weniger als 10 Jahren kam die Bewegung des Shinrin- Yoku (Waldbaden oder Waldtherapie) zu uns nach Europa. Gerade noch rechtzeitig vor der Pandemie. Ursprünglich aus Japan stammend wurde diese doch eigentlich recht banale Idee der Naturbegegnung dort bereits wissenschaftlich erforscht. In diesem Zuge wurde dem Aufenthalt im Wald wurden positive medizinische Effekte nachgewiesen. Beispiele hierfür wäre die Senkung des Blutdrucks und der Herzfrequenz. Ferner die Reduzierung von Stresshormonen bis hin zur krebspräventiven Wirkung. Ebenfalls wurden positive Auswirkungen auf die psychische Gesundheit nachgewiesen. (Li: Die Heilkraft des Waldes- Der Beitrag der Waldmedizin zur Naturtherapie. 2016)

Zudem ist im Rahmen von therapeutischen Settings der positive Effekt von naturbasierten Aufenthalten weitgehend belegt. Und insbesondere bei „Zivilisationskrankheiten“ (Herz- Kreislauf, Bluthochdruck, Adipositas, Allergien, Diabetes auf der physische Ebene sowie Ängsten, Stress und Depressionen auf der psychischen Ebene) als effektives Gegenmittel anerkannt.

Die Weisheit des Körpers – oder wie wir Dinge in Bewegung bringen

Im Zentrum unseres Erlebens steht immer auch unser eigener Körper. Erfahrungen und Erlebnisse, egal ob durch innere oder äußere Prozesse angestoßen, werden immer auch von unseren Körpern „verarbeitet“. Im Gegensatz zu den kognitiven Prozessen und dem bewussten Reflektieren finden Prozesse auf der körperlichen Ebene jedoch häufig unbewusst statt. Denn wir den Zugang zu unserem „Bauchgefühl“ verloren. Die Trennung von Körper und Geist, die uns seit Descartes und der Aufklärung in Konzepten und Weltbildern begleitet, hat zu einer Abwertung des Körpers gegenüber dem Kopf geführt. Sie negiert die Intelligenz des Körpers. Dabei ist spätestens seit der Entwicklung der körperbasierten Trauma- Arbeit, der Psychosomatik und der bioenergetischen Entwicklungsarbeit die Bedeutung des Körpers für ganzheitliche Entwicklung und Gesundheit bekannt. Die körperliche Erfahrung spielt in unserem Konzept eine Hauptrolle und wird uns in den verschiedensten Formen in allen Prozessen begleiten.

Unser Körper ist unser wertvollstes Tool in der Erlebnistherapie!

Wir werden spielen, rennen und lachen, achtsam miteinander in die Stille lauschen, Wut und Freude in den Raum tanzen und Berührung genießen. Wir werden uns körperliche Grenzen in der Natur kennenlernen. Uns aussetzen und gleichzeitig Geborgenheit erfahren um neue Erfahrungen auf allen Ebenen integrieren zu können. Wir bieten den Raum, gemeinsam und einzeln in individuelle somatische Forschungsfelder einzusteigen. Viel Gelegenheit, die eigene Intuition zu schulen. Grenzen und Blockaden zu erkennen, anzunehmen und über sie hinauszuwachsen, wenn es an der Zeit ist. Mit einer Vielfalt von Angeboten aus dem Bereich Achtsamkeitsübungen, Tanz, Kampfkunst, Theaterarbeit und intuitiver Körperarbeit schulen und erweitern wir das Spektrum unserer körperlichen Wahrnehmung. Und wir wollen vor allem Freude an Bewegung und am körperlichen Dasein in dieser wunderbaren Welt vermitteln.

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Dieser Artikel entstand im Zuge der Arbeit an unserem neuen Ausbildungsdurchgang zur Prozessbegleitung. Wir verstehen ihn als “niemals fertig”. Denn beinahe täglich stolpern wir über Neues: Bücher, Artikel, inspirierende Menschen die Ähnliches tun… Und so haben wir beschlossen diesen Artikel als “fortlaufend in Überarbeitung” zu veröffentlichen und immer wieder Neues anzufügen bzw. zu Überarbeiten was unstimmig wird… Wir freuen uns natürlich sehr über Rückmeldungen- Kritik, Ergänzungen, Beschimpfungen 🙂 und natürlich Lob und Anregung!!
Falls Du nun neugierig geworden bist findest Du hier einen Erfahrungsbericht von Marie aus dem Pilotkurs „Systemische Erlebnistherapie„!

Die Autoren