Flow oder: „Es läuft!“

Flow ist der Zustand, wenn alles, was man tut reibungslos funktioniert. Wenn Mensch selbstvergessen in eine Tätigkeit versunken ist und alles um sich herum vergisst. Wenn Zeit keine Rolle mehr spielt, andere Gefühle wie Hunger, Durst, Müdigkeit in Vergessenheit geraten.
Er beschreibt das völlige aufgehen in einer Tätigkeit, das Eins-Sein mit dem Tun und Handeln.
Dieser Zustand entsteht, wenn bei einer erlebnispädagogischen Aktion die Herausforderungen und Anreize entsprechend auf die Gruppe bzw. die einzelnen Individuen abgestimmt sind. Kinder sind Experten und Dauergäste in diesem Zustand. Wenn Kinder zum Beispiel mal wieder zu spät zum Essen kommen, obwohl es schon dunkel ist, war vermutlich der FLOW schuld. (Ja das kannst Du jetzt als Ausrede speichern!). Aber auch wir Erwachsenen können uns dem nicht entziehen, sei es beim Sport, beim Basteln und Werken, beim Musik machen…
Csikszentmihalyi untersucht diesen Zustand in Bezug auf den Körper, den Geist und die tägliche Arbeit. Er zeigt, dass Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, Aufgabe und Situation FLOW empfinden können und schildert in seinem Buch „FLOW“ die Zutaten für diesen Zustand des Glücks.
ALles funktioniert
Flow Momente sind kostbar

Flow in der Erlebnispädagogik

Wir Erlebnispädagog*innen klopfen uns natürlich zufrieden auf die Schulter, wenn dieser magische Zustand bei den Teilnehmenden einkehrt. Dazu bedarf es im Rahmen eines Settings einer stimmigen Herausforderung. Denn sind die Anreize zu niederschwellig oder findet andererseits eine Überforderung statt, entsteht dieser Zustand nicht. Ein guter Indikator ist meist tatsächlich wenn auch die großen Menschen erstaunt feststellen, wieviel Zeit schon vergangen ist. Und dabei immer noch lächelnd dem Hunger trotzen…
Das FLOW-erlebnis motiviert dazu, das Leistungsvermögen voll auszuschöpfen und neue Herausforderungen zu suchen. Entscheidend ist das richtige Verhältnis zwischen ausreichenden Fähigkeiten und einer bewältigenden Anforderung. Sonst wird aus Unterforderung Langeweile, aus Risiko und Unsicherheit pure Angst oder aus fehlender Herausforderung reine Teilnahmslosigkeit.

Um den FLOW-Zustand zu erreichen, sollten vorher klare Ziele festgelegt werden. Nur dann kann der* die Teilnehmer*in sich voll auf die Aufgabe konzentrieren. Und weiß wie sein *ihr nächster Schritt aussehen muss, um Glücksmomente zu erleben und zu bewahren. Entscheidend zur Bewältigung einer Aufgabe ist zu wissen, was gerade geschieht und wie das im Zusammenhang der Aufgabe zu sehen ist. Durch eine sofortige Rückmeldung erhält Mensch eine klare Information, wo er*sie sich in Bezug auf das vorgegebene Ziel befindet und was noch zur Erreichung des Zieles zu leisten ist.
Diese Rückmeldung erfolgt durch sensible Trainer*innen, die anderen Teilnehmer*innen oder am besten durch den eigenen Körper.
Die Konzentration auf die bevorstehende Aufgabe ist zielgerichtet und die Grundbedingung zur Erreichung des Flowzustandes.

Das Geschenk

Störende Gedanken und Gefühle haben keinen Platz im Bewusstsein. Dies ist ein weiteres Geschenk des FLOW- das Abtauchen aus dem Alltag mit allen Sorgen und Nöten, ja mitunter auch körperlichen Gebrechen.
Eine weitere Notwendigkeit um den FLOW-Zustand zu erreichen ist das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, um die Situation kontrollieren zu können. Hiermit ist das Gefühl gemeint, in der jeweiligen Situation Herr der Lage zu sein. Im Zustand des FLOWs verschwinden Unsicherheit, Ängste und negative Gefühle. Die zur Verfügung stehende Aufmerksamkeit reicht für diese Gefühle nicht mehr aus. Schön, oder?
FLOW befreit aus Unsicherheit und Selbstzweifel. Im FLOW-zustand kann sich das Gefühl für die verstrichene Zeit verändern. Demnach kann es den Teilnehmenden so vorkommen, als verginge die Zeit sehr viel schneller oder aber auch langsamer.
FLOW-Momente sind etwas Überwältigendes und Wunderschönes und sollten bei der „Planung“ von Settings bzw. beim Gestalten der Lernwelten von vorneherein Freiraum bekommen- denn der größte Fehler was den FLOW angeht ist es, einen Menschen oder eine Gruppe der/die sich grade im FLOW suhlt jäh aus diesem Zustand herauszureißen.

Flowtrail heisst nicht umsonst so...

Das ist aufgrund der „Nichtplanbarkeit von FLOW“ nun leichter gesagt als getan. Was kann ich tun um den FLOW in mein Setting einzuladen? Hier ein paar vielleicht gewagte Thesen aus der N.E.W.- Erfahrungskiste:

Flow in der Erlebnispädagogik

Das Glück einladen

  • FLOW fühlt sich wohl in offenen Zeitstrukturen- und kann durch rigide Zeitvorgaben sogar vollends von vorneherein negiert werden
  • Der Zustand des FLOW braucht Raum und Reframing- denn er ist individuell und kann plötzlich aus den unmöglichsten Situationen heraus entstehen
  • FLOW braucht den Mut und die Offenheit, den eventuell akribisch zusammengeschusterte Masterplan vollends über den Haufen zu schmeißen für ein paar Momente der individuellen oder kollektiven Glückseligkeit!
  • Una ja, der FLOW kommt auch in die Schule, mag aber nicht so gerne Leistungsdruck, Funktionieren- Müssen, Spontan- kreativ sein sollen oder Bewertungen nach vorgegebenen (fremden) Schemata.
Zum Autor

Leif ist nunmehr offiziell über die Hälfte seines Lebens in der Erlebnispädagogik unterwegs. In der zweiten Hälfte der ersten Hälfte (Studium) durfte er mitunter leidvoll erfahren, dass es mehr Bücher als Zeit gibt. Daher und um dieses Verhältnis für die Nachwelt wieder zu ändern schreibt er hochambitioniert Zusammenfassungen von Zusammenfassungen. Und hofft dass deren Essenz dennoch erhalten bleibt…

Leif Cornelissen, Diplom- und Erlebnispädagoge