Erlebnispädagogische Theoriemodelle

Es gibt unterschiedliche Ansätze und Vorstellungen was Erlebnispädagogische Settings und deren Wirksamkeit angeht. Denen zugrunde liegen im Wesentlichen 3 erlebnispädagogische Theoriemodelle, die im Folgenden vorgestellt werden. Außerdem lernst Du das „N.E.W.- Modell kennen. Da wir festgestellt haben, dass keines der drei klassischen erlebnispädagogische Theoriemodelle für unsere Arbeit so richtig passt haben wir kurzerhand unser eigenes Modell kreiert.

Nun aber erstmal zu den 3 klassischen Theoriemodellen der Erlebnispädagogik!

„The Mountains speak for themselves“

Beim selbstwirksamen Naturerlebnis, in den USA „The Mountains Speak for Themselves“ genannt, geht man davon aus, dass Teilnehmende ihre Erfahrung selbst deuten und umsetzen können und sollen. Verbale Auswertungen finden nicht oder allenfalls spontan statt. Diese Form der Erlebnispädagogik wird fast ausschließlich in Form von Abenteuer- Unternehmungen in der Natur praktiziert. Die Rolle der Leitung beschränkt sich auf logistische und sicherheitsspezifische Unterstützung, allenfalls noch auf Krisen- und Konfliktmanagement. Der Hauptfokus liegt auf dem Erlebnis.
Dieses Modell ist das zeitälteste. Der Lernprozess ist nicht geplant und nicht steuerbar. Dies wird auch gar nicht erst versucht. Es geht vielmehr ums Sammeln von Erfahrungen. Der Transfer ist willkürlich. Für die Leitung ist dieses Modell insofern herausfordernd, als dass es aufwändige Sicherheitsvorkehrungen und Planung bedarf Denn die Teilnehmer *innen sind während des Erlebens allein auf sich gestellt.

The Mountains speak for themselves
Es gibt im Wesentlichen 3 Theoriemodelle der Erlebnispädagogik
 „The Mountains don´t speak for themselves“ oder das Outward-Bound-Modell

Das Outward- Bound- Modell wird in den USA „Outward Bound Plus“ genannt. Es ist eine Weiterentwicklung des erstgenannten Modells aus den 70er Jahren. Hierbei geht man geht davon aus, dass einem Erlebnis eine strukturierte und geführte Diskussion bzw. Reflexion folgt. Die Programme sind relativ klar geplant. Es handelt sich meist um Angebote, die in der gleichen Art immer wieder durchgeführt werden. Der Transfer- Erfolg wird dadurch angestrebt, dass die Erfahrungen gleich nach wichtigen Ereignissen oder am später am Abend reflektiert und ausgewertet werden. Darüber hinaus beinhalten diese Programme oft auch ein sogenanntes „follow up“. Dies bedeutet eine Nachevaluation, die eine gewisse Zeit nach dem Projekt mit den Teilnehmerinnen stattfindet. Der Fokus liegt bei diesem Modell auf der Reflexion. Diese wiederum kann in verschiedensten Formen organisiert sein. Alleine, in der Kleingruppen, verbal, nonverbal oder künstlerisch.

Demzufolge braucht die Reflexion jedoch einen gegebenen Rahmen. Den Erlebnispädagogen kommt in diesem Modell also eine zusätzliche Funktion als Moderatoren bzw. Prozessbegleiter *innen zu.

Das Metaphorische Modell

Dieses Modell geht vor Allem auf den amerikanischen Psychologen Stephen Bacon zurück. Dieser postuliert, dass „Lernen“ funktioniert, indem wir alte Erfahrungen mit neuen Erlebnissen verknüpfen. Und somit unsere Realität verifizieren oder neu konstruieren. Bei der metaphorischen Erlebnispädagogik werden die Aktivitäten auf die persönlichen Ziele der Teilnehmenden bzw. das Ziel der spezifischen Gruppe abgestimmt. Das heißt, die individuellen Ziele werden im Voraus formuliert und an metaphorische Bilder gebunden. Das Erlebnisangebot wird auf diese metaphorischen Bilder abgestimmt, wodurch Transfer schon in der Erlebnisphase geschehen kann, d.h., dass das laufende Lerngeschehen großen Alltagsbezug hat. Ein wichtiger Fokus liegt bei diesem Modell auf dem Vorher, das im Amerikanischen als „Frontloading“ bezeichnet wird. Es ist den Teilnehmenden schon im Vorfeld klar was sie lernen sollen. An die erlebnispädagogische Leitung entsteht der Anspruch, die Teilnehmenden schon im Vorfeld so gut wie nur möglich zu kennen um deren Bedürfnisse in die Planung mit aufzunehmen.

Das metaphorische Modell ist das wohl am weitesten verbeitete der drei Theoriemodelle der Erlebnispädagogik
Das N.E.W. Modell der Erlebnispädagogik

The Mountains don´t speak to all of us the same way (Das N.E.W.- Modell)

Wir bei N.E.W. reiben uns wirklich gern an Pauschalisierungen. Keines der hier bisher vorgestellten Modelle passt für unsere Arbeit so richtig. Im Jargon der Sprache des Berges“: Wir glauben, dass der Berg auf jeden Menschen anders wirkt. Er spricht nicht zu allen und schon gar nicht immer gleich. Jedes Setting, jedes Erlebnis wirkt auf jeden Menschen individuell.  Aber auch das Thema „Reflexion“ spricht nicht alle gleich an oder wird von allen Teilnehmenden in gleichem Maße benötigt oder eingefordert.

Ganz im Sinne der Subjektiven Didaktik gehen wir davon aus, dass wir lediglich Lernwelten modellieren können. Wir wollen Angebote für die Teilnehmenden gestalten und dann empathisch und achtsam als Begleiter *innen zur Seite stehen. Ferner negieren wir eine linear-kausale Pädagogik („Wenn Du das tust wirst Du automatisch selbstbewusster“).

Keine Allgemeingültigkeit

Es gibt insofern kein „Richtig“ und kein „Falsch“ der einzelnen erlebnispädagogischen Theoriemodelle. Es gibt nur ein „passt grade“ oder „passt grade nicht“. Die Aufgabe der Erlebnispädagogen ist es, ein Augenmerk darauf zu haben was die einzelnen Teilnehmenden während und insbesondere nach der Aktion erfahren haben und benötigen. Während der Erlebnisphase ist die Frage nach dem „ob“ und wie viel Begleitung, Mut zureden, in Ruhe lassen etc. gegeben. Danach vielmehr, ob es weitere Begleitung, einen Austausch unter 4 Augen braucht, ein Reflektieren in der Gruppe oder individuelle Zeit für Rückzug, Erholung und „Abstand“.

Zum Autor

Leif ist nunmehr offiziell über die Hälfte seines Lebens in der Erlebnispädagogik unterwegs. In der zweiten Hälfte der ersten Hälfte (Studium) durfte er mitunter leidvoll erfahren, dass es mehr Bücher als Zeit gibt. Daher und um dieses Verhältnis für die Nachwelt wieder zu ändern schreibt er hochambitioniert Zusammenfassungen von Zusammenfassungen. Und hofft dass deren Essenz dennoch erhalten bleibt…

Leif Cornelissen, Diplom- und Erlebnispädagoge