Meine Trilogie zur Ausbildung Erlebnispädagogik

Ein Erlebnisbericht vor, während und nach dem Sommerkurs zur Erlebnispädagogik
Teil 2

In diesem Teil meiner Trilogie versuche ich, dich ein bisschen auf meine Reise mitzunehmen. Nachdem ich im ersten Teil über meinen Entscheidungsprozess geschrieben habe, teile ich hier meine Erfahrungen während der Ausbildungszeit. Konkrete Methoden oder Übungen werde ich natürlich nicht verraten.
Ich wünsche dir schließlich, auch all diese Überraschungen erleben zu dürfen!
Vielleicht schaffe ich es ja, dir einen ersten Einblick in die Ausbildung geben zu können.
Ach ja, ich bin Jule!

Topropeschein Felsklettern

Erster Block: Schwarzwald

Die Autorin des Erlebnispädagogischen Blogs

„Jule, du wirkst so gestärkt und lebendig…ich habe das Gefühl, dass die Ausbildung dir gut tut“

Das waren die Worte meiner Mutter, als ich von dem ersten Ausbildungsblock im Schwarzwald zurückkam.
Voller Euphorie versuchte ich von all meinen neuen Erfahrungen und Begegnungen zu erzählen. Mir fehlten die richtigen Worte. Ich wusste nicht wie ich all die Erlebnisse verbalisieren konnte. Ich hatte den Wunsch, dass mein Umfeld versteht, was ich erlebt hatte. Und welche Prozesse in mir ausgelöst wurden.
Aber es ist schwierig (vielleicht sogar unmöglich) das Erlebte nachvollziehbar zu machen. Und vielleicht ist das ja auch gut so. Schließlich sind das meine Erfahrungen, die mit Gefühlen verbunden sind. Ich bin ja noch mitten im Prozess. Da sollte ich mir selber erstmal Zeit geben, um alles zu verstehen.

Die erste Begegnung: Herzklopfen

Voller Vorfreude, dass es ENDLICH (nachdem der erste Block wegen Corona verschoben werden musste) losgehen konnte, stand ich am Bahnhof und wartete auf den Zug.
Fragen wirbelten durch meinen Kopf:

  • Welchen Menschen werde ich wohl begegnen?
  • Wie werde ich mich in der Gruppe fühlen?
  • Was werden wir erleben? Und
  • Wo geht es eigentlich hin?
Warming Ups in der Erlebnispädagogik
Erlebnispädagogischer Lernort im Schwarzwald

Ein sympathischer Haufen von Outdoor Menschen

Sobald ich meine Anreise zur Ausbildung am Hauptbahnhof in Freiburg aufnahm, fiel mir ein Stein vom Herzen. Es winkte mich ein riesiger Haufen sympathisch aussehender Outdoor- Menschen zu sich rüber. Irgendwie erkennt Mensch sich halt doch, wenn man ähnlichen Interessen nachgeht.
20 Minuten Zugfahrt, gefüllt mit Neugierde auf das, was kommt – dann würde es endlich losgehen.
Und es ging los. Wir waren sofort mittendrin, in der Erlebnispädagogik.

Der Ort: Herzerwärmung

Wow! Hier werden wir vier Tage sein. Vier Tage voller Erlebnisse. Vier Tage in der Natur. Und was gibt es schon besseres als Erlebnisse in der Natur? Ich war begeistert. Und meine Vorfreude vom Bahnsteig schoss weiter in die Höhe. Ein kleines, einfaches, sehr altes Hüttchen, viel Wald, Wiesen, einige Kühe und ein Teich. Das Lagerfeuer knisterte schon. Und das kleine Stück Wiese am Teich fiel mir direkt ins Auge. Da wollte ich unbedingt mein Zelt aufschlagen. Andere schliefen in der Scheune, in Betten, in Hängematten oder auch in Zelten. „Muhhh“…Die Kühe waren es, die mich morgens voller Spannung und Energie in den Tag muhten. Was für ein schöner Ort!

Ausbildung zur Erlebnispädagogin im Schwarzwald
Lernort im Schwarzwald

Die Erlebnismenschen: Herzensmenschen

Ich bin überwältigt davon, welches Maß an Intensität in so kurzer Zeit entstehen kann! Diese Offenheit. Diese Zuwendung. Diese Aufmerksamkeit. Und diese Nähe, die die Menschen zeigten. Die Entscheidung für die Ausbildung bei N.E.W. scheint durch ähnliche Intentionen der Teilnehmenden entstanden zu sein. Irgendwie ließ sich das schon ganz früh erkennen. Ich weiß nicht genau, woher diese authentische Offenheit der Menschen kam. Sind es einfach die Menschen? Oder sind es die Übungen, die uns so zusammengeschweißt haben?
Es ist so schön zu erleben, dass sich Menschen so öffnen können. Und zugleich die Geschichten und Gefühle anderer so warm auffangen. Vielleicht braucht es genau das, um eine solche Verbundenheit erreichen zu können. Diese Ruhe, die von der Gruppe getragen wurde, ermöglichte mir, bei mir selbst zu sein. Mein inneres Selbst zu erleben.

Ein paar Worte zu dem, was wir so gemacht haben: Herzensinspiration

Zunächst aber zu Stephan, Sarah und Lotte.
Drei spannende, inspirierende und tiefgründige Menschen. Eine wundervolle Begleitung! Gerade bei emotionalen Übungen wurden wir gut aufgefangen. Das Team begegnete mir mit viel Tiefe. Mit offenen Ohren und einem hohen Maß an Authentizität. Die drei haben sicherlich einen großen Einfluss auf die besondere Gruppendynamik! Sowie das von denen zusammengestellte Ausbildungsprogramm.
Das Programm wird gut auf uns Auszubildende abgestimmt. Ich würde es als vielseitig, tiefgehend, inspirierend und neu beschreiben.
Durch verschiedene Module wurde es mir ermöglicht, mich mit meinen Grenzen und Stärken auseinanderzusetzen. Ich konnte mich eine Woche lang ausprobieren. Mich frei fühlen. Mich mit der Natur verbinden! Ich durfte mich eine Woche in der Gruppe erfahren. Meine Rolle in der Gruppe finden. Von mir selber überrascht sein.

Kooperative Spiele in der Ausbildung Erlebnispädagogik

Zweiter Block: Italien

Ausbildungsgruppe Erlebnispädagogik beim Aufstieg

Endlich! Das Wiedersehen

Was für ein schöner Moment als sich alle wieder in die Arme schließen konnte! Und was für ein vertrautes Gefühl in mir hochkam. Das Glück war in allen Gesichtern zu erkennen. Die Vorfreude auf die Zeit in Italien sprudelte nur so aus uns heraus.
Diesmal hatte ich eine Idee davon, wie die Teamenden sind, mit welcher Herangehensweise sie uns an Erlebnisse heranführen und wie die Gruppendynamik aussehen würde.

Ein typisch pianezolischer Tag

Nach einer von Eseln überwachten Nacht im Zelt ging jeden Morgen der erste Blick in Richtung Komersee. Der zweite Blick ging dann Richtung Küche bzw. Feuerstellen. Hatte schon jemand Feuer angemacht? Wer Kaffee und frisch gebackenes Brot wollte, musste vorher erstmal das Holz zum Brennen bringen.

Danach kam immer mein Lieblingsritual: Die kalte Dusche des Bergbaches! Danach konnte der Tag so richtig losgehen.
Auch auf körperlicher Ebene konnte ich dem Aufwachen nicht aus dem Weg gehen. Da unser Lager am Steilhang lag, war das ständige hoch und runter laufen Teil des Tagesprogrammes. Wenn du also deine Oberschenkel trainieren willst, ist das genau der richtige Ort für dich ;). Spaß beiseite: Wenn du Lust hast, eine Woche mit dem zu leben, was du wirklich brauchst, Kraft in Lebensnotwendige Tätigkeiten zu stecken, die wir aus unserem normalen Alltag nicht kennen, an die Grenzen deiner Komfortzone zu kommen, aufmerksam aktiv zu sein… dann solltest du definitiv eine Woche auf Pianezola verbringen!

Was Verbindungen so bewirken können…

Der erlebnispädagogische Alltag brachte uns so richtig in den Flow. Diese Nähe zur Natur und zum natürlichen Leben. Einen Tag widmeten wir der Tiefenökologie. An einem verzauberten Ort kamen wir in eine ganz besondere Verbundenheit mit der Natur. Ein Erlebnis, dass viel in mir auslöste. Ein neuer Zugang zur Natur war es, der mir geschenkt wurde.
Es inspiriert und motiviert mich, auf erlebnispädagogischem Weg, Menschen ähnliches erleben zu lassen. Sich mit sich selber (als Teil der Natur), mit anderen Menschen und mit der Natur zu verbinden. Sich der heilenden Wirkung der Natur bewusst zu werden.
Die Verbindungen zu anderen Menschen spürte ich besonders am Tag des Vertrauens. Übungen voller Mut, Berührungen und Hingabe ließen mich die anderen spüren.
Mich selber spüren. Mich mit anderen verbinden. Mich achtsam in und mit der Natur bewegen.

Erlebnispädagogik und Tiefenökologie

Dritter Block: Schwarzwald

Schwellengang im Rahmen der Ausbildung Erlebnispädagogik

Ritualarbeit

Voller Neugierde, Offenheit und Skepsis tauchte ich in die Welt der Rituale ein.
Neugierig auf das, was ich kennenlernen würde. Auf das, was ich erleben würde. Auf neue Erkenntnisse. Auf neue Perspektiven.
Offen für etwas Neues, mir unbekanntes. Für mir fremde Sichtweisen. Für herausfordernde Übungen. Für die intensive Auseinandersetzung mit mir selbst.
Skeptisch, ob ich mich auf Rituale einlassen könne. Wie wohl die Herangehensweise aussehen würde. Ob es Raum für eine kritische Auseinandersetzung geben würde.
Endlich lernten wir Sanne und ihre Arbeit kennen, die uns durch die Rituale begleiten würde. Wahnsinn, wie schnell das Gefühl entstand, sie schon ewig zu kennen. Eine Vertrautheit, die ich nicht so schnell erwartet hätte.
Es wurde uns ermöglicht, eine Vielfalt an Ritualen zu erleben.

Dabei erfuhren wir eine intensive Begleitung durch das Team. Auch der Austausch auf Meta-Ebene diente dem Verstehen und einordnen der Erfahrungen. Es wurde ein Rahmen geschaffen, der Offenheit und Sicherheit ermöglichte. Zwei Voraussetzungen, die von großer Bedeutung sind, wenn es um Selbsterfahrung geht.
Im Vordergrund steht das eigene Erleben. Sich selber kennenlernen. Sich selber zuzulassen. Genau das wurde ermöglicht. Mit wertschätzender Aufmerksamkeit. Mit respektvollem Umgang.

Visionssuche

Wow! Spätestens in diesem Kapitel der Ausbildung kommst du nicht mehr drum herum, dich mit dir selber auseinanderzusetzen! Persönlichkeitsentwicklung kommt hier zum vollen Einsatz! Du begibst dich auf die Suche nach deinem Selbst. Du beschäftigst dich mit deinen Visionen. Du gehst an deine Grenzen. Indem du die Komfortzone verlässt, lernst du dich auf neuen Ebenen kennen.
Du stellst eine Verbindung zu dir selber her. Und wenn du nicht weiterweißt? Ute Maria ist da! Unsicherheiten, Zweifel, Ängste…Alles durfte da sein. Und alle konnten mit ihren Emotionen gesehen und aufgefangen werden. Es ist beeindruckend, mit wieviel Fokus das Team allen Teilnehmenden Raum und Zeit schenkt.
Der Großteil der Gruppe entschied sich eine Medizinwanderung zu machen. Da müssen unglaublich berührende Geschichten entstanden sein. Leider konnte ich bei den Erzählungen nicht dabei sein. Zu dieser Zeit habe ich alleine die Nacht im Wald verbracht.

Visionssuche in der Erlebnispädagogikausbildung
Gruppenkohäsion und Erlebnispädagogik

Gruppenkohäsion

Wie auch in den letzten beiden Blöcken bin ich überwältigt von unserer Gruppe! Diese Begegnungen voller Wärme, Vertrautheit und Echtheit. Diese Nähe, die sich in so kurzer Zeit wiederherstellen lässt. Diese Verbindungen, die immer tiefer werden.
Auch die Gruppendynamik verändert sich mit der Zeit. Sie wächst an all den gemeinsamen Erlebnissen. Sie wird immer authentischer. Von langen tiefen Gesprächen zum gemeinsamen Musizieren bis zum stundenlangen Tanzen im Regen…Es ist wundervoll!
Für mich hatte es eine erfrischende Wirkung, dass auch Disharmonie zugelassen werden konnte. Ich habe mich manchmal gewundert, wie eine Gruppe wirklich so harmonisch sein kann. Bei mir kommt dann auch die Frage auf, wie echt und harmonisch eine Gruppe dann wirklich ist?
Es wurden Gefühle ausgesprochen, es kamen Tränen und es wurde diskutiert. Die bestehende Harmonie konnte dadurch an Lebendigkeit zugewinnen. Wie wertvoll, wenn der Ausbildungsrahmen auch das gut auffangen kann.

Vierter Block: Griechenland

2400km über Land und Wasser

Strahlend vor Freude. Voller Neugierde. Gefüllt mit Abenteuerlust. So fuhr ich mit sechs weiteren in den Süden. Nach Kalymnos. Die griechische Insel, auf der unser letzter Block Stattfinden würde.
Aber erstmal die viertägige Anreise über Land und Wasser. Und vor allem: Der Beginn einer Freund*inschaftsreise. Mit diversen WUPs, Councils und Überschreitungen der Komfortzone stimmten wir uns gut auf den letzten Block ein.
Und nach einigen unvergesslichen Momenten kamen wir im Paradies an.
Kalymnos.
Kalymnos in ihrer kargen, unbeschreiblich gut duftenden und sonnigen Schönheit.
Nach und nach trudelten auch die Fliegenden oder auf anderem Weg kommenden ein. Hier würden wir zwei Wochen miteinander verbringen. Miteinander wachsen. Miteinander Prozesse durchgehen. Miteinander erleben.

Abschlussblock Erlebnispädagogik auf Kalymnos
Kräuter und Pflanzen auf Kalymnos

Kalymnos – Ein magischer Ort

Ohhh was für ein Ort! Was für eine Mühe, die hinter dem Ort steckt. Was für eine Energie, mit der mich der Ort berieselt. Was für ein Ort voller Wärme, Ruhe und Magie.
Wie konnte das ein Ausbildungsort sein? Es wirkte mehr wie ein Urlaubsparadies.
Der Blick in die eine Richtung richtet sich auf die karge Berglandschaft, in die andere Richtung auf das Meer. Der die Luft füllende Duft ließ es schon ahnen. Überall Salbei, Oregano, Thymian…

Elf Tage Erlebnispädagogik. Elf Tage in Gemeinschaft leben. Elf Tage erleben. Elf Tage Urlaub. Eine Zeit, in der die Gruppe ein weiteres Mal noch enger zusammengeschweißt wird.
Das Programm ergab sich aus einem guten Mix zwischen Angeboten, Modulen und Zeit für sich selbst.

Es liegt in unserer eigenen Verantwortung, was daraus gemacht wird. Es ist immer möglich, sich rauszuziehen (ganz nach dem Prinzip der Freiwilligkeit). Zudem kann die eigene Zeit mit individuellem Programm gestaltet werden. Kajakfahren, Klettern, Höhlenbesichtigungen oder ganz viel Eis essen zum Beispiel. Unter anderem wurden wir an die Bedeutung der systemischen Erlebnispädagogik herangeführt. Eine ressourcenorientierte Herangehensweise an den Menschen. Eine wertschätzende und nachhaltige Perspektive auf den Menschen. Gerade in der Erlebnispädagogik unglaublich wichtig.
Inspiriert haben mich die Projekte der Teilnehmenden. Dabei stand das eigene Erleben im Vordergrund. Herausforderungen für das ganze Team. Praktische Skills der Erlebnispädagogik.Alles war dabei. Die Einladung, ein eigenes Projekt anzuleiten, empfinde ich als sehr bereichernd. Sowohl für die leitenden Personen als auch für die ganze Gruppe.
Auch kletternd haben wir die kalymnische Felslandschaft bewundern dürfen. Für mich das erste Mal Klettern am Felsen. Da wurde die Latte ganz schön hochgelegt!
Ist schon ein ziemlich cooles Gefühl, nach kurzer Zeit verschiedene Felsen erklimmen zu können. Auch das selbständige Sichern anderer Kletternder oder das Vertrauen darin, gesichert zu werden, waren eine wertvolle Erfahrung für mich.
Wir wurden an die Bedeutung der systemischen Erlebnispädagogik herangeführt. Ein Ansatz, auf den N.E.W. großen Wert legt. Eine ressourcenorientierte Herangehensweise an den Menschen. Eine wertschätzende und nachhaltige Perspektive auf den Menschen. Gerade in der Erlebnispädagogik unglaublich wichtig.

Das Ende / Der Anfang

Schon vor Beginn beschäftigten wir uns mit der Zeit nach der EP. Die EP würde ein Ende haben. Ein Gedanke, der bei einigen Unbehagen auslöste.

  •  Was würde danach kommen?
  •  Wohin mit all den neuen Erkenntnissen?
  •  Wohin mit all den Erlebnissen?
  •  Wie kann ich all die Erfahrungen in die Welt tragen?
  •  Was, wenn es kein „bis in einem Monat“ mehr gibt?

Na, ist doch klar: Als Erlebnispädagog*innen werden wir uns einfach unseren eigenen Rahmen organisieren und es wird immer weitergehen. Und vor allem neu beginnen. Sich verändern. Und was wäre das Leben schon ohne Veränderungen?! Im dritten Teil werde ich euch erzählen, wie es in meiner Zeit nach der Ausbildung weiterging, seid gespannt!

Erlebnispädagogische Ausbildung am Meer