Erfahrungsbericht zur Erlebnistherapieausbildung bei N.E.W.

Marie Pfaff ist die Autorin des Erlebnisbericht zur Erlebnistherapieausbildung

Dies ist der Erfahrungs- und Erlebnisbericht zur allerersten Erlebnistherapieausbildung 2023 bei N.E.W. von Marie Pfaff. Marie ist Psychologin und war Teilnehmerin des Pilotkurses 2023 bei Leif, Thomas und Jamila.

Für diesen Bericht hat Marie kein extratolles Zertifikat erhalten!!!

I stepped into the Flow- Warum Erlebnistherapie?

Du bist auf der Suche nach etwas? Aber du weißt nicht genau wonach? Mir ging es ähnlich. Du merkst, Du steckst fest? Im System, vielleicht in eigenen Gedankenstrudeln? Oder Du kennst diese Fragen von Menschen aus Deinem Umfeld? Du hast Lust Dich selbst oder Deine Lieben zurück in den Fluss des Lebens zu begleiten? Wie das funktionieren kann und noch eine Menge mehr, lernst du in der Ausbildung zur Erlebnistherapeut:in. In den folgenden Abschnitten möchte ich Dich mit auf meine erlebnistherapeutische Reise der letzten Monate nehmen.

Erhofft von der Ausbildung habe ich mir damals nach meinem Psychologiestudium vor allem eine ganzheitlichere, naturverbundenere Alternative zur Ausbildung als Psychotherapeut:in. Ein bisschen was von allem lernen – viel Spiel, Tanz, Atmen, Körperübungen und Natursettings nutzen, nette Menschen kennenlernen, bereichernde Begegnungen machen und viel Zeit in der Natur verbringen. Ein Wunsch nach neuem Input und das möglichst nicht so verschult und theorielastig wie im Studium. Ob die Erlebnistherapieausbildung das leisten konnte..?

Was kommt jetzt eigentlich genau auf Dich zu? Das gemeinsame Abenteuer: Eine Reise durch vier Blöcke voller Erlebnisse

Block 1: Wuppiges Lachen und Naturerlebnisse

In Hinterzarten, an einem zarten Frühlingstag bei zartem Sonnenschein habe ich zum ersten Block meine unglaublich tolle Gruppe von Herzensmenschen kennengelernt. Ein Haufen bunter Vögel: verschiedenes Alter, verschiedene berufliche Hintergründe, verschiedene Lebensphasen, verschiedene Gründe sich für die Ausbildung Erlebnistherapie anzumelden. Diese Vielfalt war die totale Bereicherung und hat die Gruppendynamik bis zuletzt unglaublich wertvoll beeinflusst. Verschiedene Überraschungen, Vertrauensübungen und die Biographiearbeit in der Natur haben unsere Bindung ganz schön schnell ganz schön tief werden lassen. Lustige WUPs (Warm-up-Spiele) gabs in Hülle und Fülle. Musik, Tanz, sowie ganz viel warme Stimmung und warme Umarmungen gabs auch, bei noch teilweise stürmisch regnerischen Tagen. Nach dem Abschied sind (nicht die ersten) Tränen geflossen. Aber durch die gebildeten Intervisiongruppen hatten wir mindestens zwei Menschen, mit denen wir uns zwischen den Blöcken über unsere Erfahrungen austauschen konnten.

Erlebnistherapie-Ausbildung Naturtherapeutische und Erlebnistherapeutische Prozessbegleitung
Feuer und Schwitzhütte beim Ritualeblock

Block 2: Rituale und Tiefe

Im zweiten Block sind wir eingetaucht in die Ritual- und die Visionsarbeit. In diesem Block kannst du dich an deine Grenzen herantasten oder voll ins kalte Wasser springen (oder beides 😉). Du wirst ganz schön ins Schwitzen kommen, ganz viel Zeit mit dir selbst verbringen, auf große Wanderschaft gehen und wenn du Glück hast, die Märchenschaukel im Wald finden, die dein Herz höherschlagen lässt. Vermutlich wirst Du dich deinen Glaubenssätzen stellen und dich nachts bei Lagerfeuerschein ins satte Gras fallen lassen und in den Sternen nach Antworten suchen. Du wirst in diesem Block das Medizinrad kennenlernen und dabei verstehen, wie man im Einklang mit den natürlichen Zyklen leben kann und gleichzeitig die eigenen Lebensphasen akzeptiert.

Block 3: Italienisches Abenteuer

In unserem dritten Block ging es nach Italien. Pianezola. Pizza in Livo. Vollgepackt mit viel Liebe und Vorfreude ging es erstmal steil bergauf. Hier ging es um das Miteinander. Füreinander. In Pianezola funktioniert nichts ohne gemeinsames Anpacken. Gemeinsam Essen auf den Berg tragen, gemeinsam neue Schritte wagen, gemeinsam Zelte aufbauen und Hängematten spannen. Sich fühlen wie aus anderen Welten, gemeinsam Feuerholz sammeln, kochen und waschen. Gemeinsam in die Gumpen tauchen, gemeinsam an Grenzen stoßen und sich anfauchen, gemeinsam einsam sein, gemeinsam Konflikte lösen und am Ende verbunden auf dem Schoß eines:einer anderen eindösen. Pianezola ist intensiv. Definitiv eine Berg- und Talfahrt, bei der Gruppenprozesse nochmal so richtig ins Rollen kommen.

Erfahrungsbericht Erlebistherapieausbildung auf der Alm Pianezola
Erfahrungsbericht Erlebistherapieausbildung mit großem Feuer

Block 4: Integration und Mut

Im vierten Block geht es vor allem um die Integration des Gelernten und darum, selbst ins Tun zu kommen. Es geht darum mutig zu sein, seeehr mutig. Es geht darum dir selbst zu vertrauen, dir selbst zuzutrauen, dass das, was du kannst, was dich ausmacht, etwas in der Welt bewegen kann. Hier darfst du dich in deiner Gruppe selbst ausprobieren, in einem sicheren Raum wertvolle Erfahrungen sammeln. Was würdest du tun, wen du dein Leben selbst in der Hand hättest?

Hier ein paar hilfreiche Facts vorab

Du lernst in der Erlebnistherapieausbildung Techniken und Methoden, die darauf abzielen, persönliches Wachstum, Selbsterkenntnis, Innenschau und Heilungsprozesse zu fördern. Naturbasierte Übungen helfen dabei, eine tiefere Verbindung zur Natur herzustellen und die heilende Kraft der Natur zu erleben. Durch rituelle Praktiken und Zeremonien können wichtige Lebensübergänge markiert und emotionale Blockaden gelöst werden. Die Breathwork-/ Atemübungen unterstützen dabei, frisch mit Sauerstoff und Energie versorgt in den Tag zu starten, sich zu zentrieren und Stress abzubauen. Kreative Ausdrucksformen ermöglichen es, Gefühle und innere Konflikte auf nonverbale Weise auszudrücken. Körperorientierte Techniken wie Berührungsübungen, Yoga, Boxen oder Tanztherapie werden verwendet, um emotionale Spannungen im Körper zu lösen und das Körperbewusstsein zu stärken.

Die Gruppe der angehenden ErlebnistherapeutInnen während einer Atemreise

Wichtig ist, dass du die Übungen vor allem selbst erleben und praktizieren wirst, um ein tieferes Verständnis für ihre Anwendung zu entwickeln und nicht nochmal jede Übung verschult im Detail aus der Metaebene betrachten wirst. Die Ausbildung lebt vor allem von Selbsterfahrung.

Spannend war für mich, dass es gar nicht so sehr nur um das Erlernen von Techniken und Methoden geht, wie ich mir das vorher vielleicht vorgestellt hatte, sondern vor allem um die Entwicklung einer besonderen Haltung gegenüber deinen Gruppenmitgliedern, gegenüber der Natur und vor allem gegenüber dir selbst. Es wird eine Haltung gelebt, die davon überzeugt ist, dass die Teilnehmer:innen Exptert:innen ihrer Innenwelt sind und ihre eigenen Potenziale erkennen und entfalten können, wenn sie bereit dazu sind. Egal woher du kommst, was du gelernt hast, wer du bist. Du bringst bereits sehr viel Potential mit in diese Ausbildung. Keine Ausbildungsgruppe wird der anderen gleichen und deswegen wird auch keine Erlebnistherapieausbildung wie die andere sein. Die Ausbildung lebt von den Menschen, dich sich entscheiden sich selbst zu entdecken. Trau dich, dich mit dem einzubringen, was du kannst, was du dir zutraust oder was du dir zutrauen möchtest. Es wird für alle anderen ganz sicher eine Bereicherung sein. Grade Thomas und Leif waren offen und begeistert, wenn Menschen ihre Leidenschaften mit uns geteilt haben. Unabhängig vom letzten Block, in dem wir alle selbst Übungen angeleitet haben, durften wir so schon von Beginn an in Kakaozeremonien, Schröpfen oder Acroyoga eintauchen. Für mich hat es sich am Ende so angefühlt, als ginge es in der Ausbildung vor allem darum Menschen dazu zu befähigen (wieder) an sich und ihre ureigenen Fähigkeiten zu glauben.

Die Bedeutung der Gruppe

In unserer Gruppe sind sich Menschen aus verschiedenen Generationen, mit verschiedenen beruflichen Hintergründen und Lebensrealitäten begegnet, sodass der Austausch auf unterschiedlichen Ebenen bereichernd und wertvoll war.
Ja, es wurden alte Wunden aufgerissen und ja, vielleicht sind auch durch andere Gruppenmitglieder Kindheitsthemen wieder aufgekommen. Aber das sind Muster und Themen, die uns auch im Alltag begegnen und die wir in einem geschützten Gruppensetting miteinander betrachten, bearbeiten und weiterbehandeln dürfen. In unserer Gruppe haben viele Menschen sich aus ihrer Komfort- in ihre Lernzonen rausgewagt. Das sich gegenseitig Spiegeln, (nicht) Verstehen, Konfrontieren, miteinander im Kontakt Sein, Nachfragen, von Herzen Sprechen und Zuhören war für uns alle auf individuelle Art und Weise lehrreich. Die Natur ist unberechenbar, und noch unberechenbarer ist die Vielzahl von Emotionen und Erfahrungen, die die einzelnen Gruppenmitglieder mitbringen und individuell in den natürlichen Settings machen. Die Ausbildung lehrt, sich anzupassen und kreativ auf Herausforderungen zu reagieren und dabei achtsam einen kühlen Kopf zu bewahren. Du wirst dich sicher, so wie wir auch, in Situationen wiederfinden, in denen du vielleicht anders handeln würdest als es die anleitenden Personen tun. Genau dann wird es spannend! Dabei lernst du nämlich dich und deine Haltung und wie DU Räume gestalten und halten möchtest kennen. Dafür gibt es kein Schema X, dass man einfach auswendig lernt.

Eines der schönsten Dinge, die ich in der Ausbildung gelernt habe, ist, mein Herzklopfen in Gruppensettings nicht mehr als Angst und damit verbundenem Rückzug und nicht mitteilen wahrzunehmen, sondern als Zeichen, dass mein Körper und Geist bereit sind, sich mitzuteilen. In den Gruppensettings haben wir alle mehr Nähe zugelassen, wenn wir uns ganz authentisch mit dem gezeigt haben, was gerade da war. Daraus ist ein Raum entstanden, in dem Transparenz und jede Form der Emotion (auch Wut, Enttäuschung, Zweifel und Angst) ihren Platz gefunden haben.

Spannungsfeld Selbsterfahrung und Metaebene

Eine der größten Herausforderungen während der Ausbildung bestand für mich darin, tiefgreifende Selbsterfahrungen zu machen, während man gleichzeitig in der Rolle der:des Lernenden ist und die Metaperspektive in bestimmten Situationen einnehmen muss. Während der Ausbildung werden oft intensive emotionale Prozesse ausgelöst. Alte Wunden können aufbrechen, tiefe Ängste können hochkommen, gleichzeitig erlebt man auch intensive Momente der Freude und des Glücks. Diese emotionale Intensität kann es manchmal schwierig machen, einen klaren Kopf zu bewahren und die Situation objektiv zu analysieren. Du musst kontinuierlich zwischen dem persönlichen Erleben und dem theoretischen Verständnis jonglieren. Gleichzeitig steht es dir frei wie intensiv du dich während der Ausbildungszeit auf deine eigenen Prozesse einlassen willst. Die Ausbildung ist kein Therapieersatz, das ist ganz wichtig!

Die Gruppe findet zueinander- derster Eindruck beim Erfahrungsbericht-Erlebnistherapieausbildung

Die unterschiedliche Rolle: Psychotherapeut:in vs. Erlebnistherapeut:in

Spannend ist auch der Unterschied in der Rolle von Erlebnistherapeut:innen im Kontrast zu Psychotherapeut:innen oder Psycholog:innen: In der klassischen Psychotherapie steht oft die Analyse von Gedanken, Emotionen und Verhaltensweisen im Mittelpunkt. Psychotherapeut:innen neigen dazu, eine aktivere Rolle als Expert:innen einzunehmen, die ihren Patient:innen helfen, ihre inneren Konflikte zu verstehen und zu bewältigen. Hierbei liegt der Fokus oft auf der Vergangenheit und dem Verständnis der Ursachen für aktuelle Probleme oder dem Entstehen des Leidensdrucks.

Im Gegensatz dazu nimmt der:die Erlebnistherapeut:in eine zurückhaltendere Position ein. Die Haltung ist geprägt von einer respektvollen Wertschätzung für die Selbstheilungskräfte des:der Einzelnen. Die Erlebnistherapieausbildung legt einen starken Fokus auf Ressourcenorientierung und Selbstwirksamkeit. Die Überwindung von Herausforderungen in der Natur stärkt unser Selbstvertrauen und zeigt uns, dass wir in der Lage sind, auch mit schwierigen Situationen umzugehen. Erlebnistherapeut:innen fungieren eher als Begleiter:innen und schaffen einen Raum, in dem die Teilnehmer:innen ihre eigenen Entdeckungen machen können. Die Interaktion ist weniger direktiv.

Bewusstsein und Gegenwart

In der Erlebnistherapie geht es vor allem um das Bewusstsein für die Gegenwart. Sie fördert proaktives Handeln im Hier und Jetzt. Ein zentraler Aspekt der Erlebnistherapie ist die Natur als heilende Kraft und als wichtiger Wirkraum. Dieser Wirkraum „Natur“ kann uns mit unseren tief verwurzelten Mustern und Überzeugungen konfrontieren, die während der Ausbildung aufgedeckt werden. Während der verschiedenen erlebnisorientierten Übungen und Naturerfahrungen werden wir mit Schwierigkeiten konfrontiert, die diese inneren Muster offenbaren. Zum Beispiel kann eine Gruppenübung, die Teamwork erfordert, tiefsitzende Ängste vor dem Versagen oder dem Nicht-Gutgenug-Sein ans Licht bringen. Ein wesentlicher Unterschied zur klassischen Psychotherapie besteht dabei in der Nutzung natürlicher Settings als therapeutischem Werkzeug. Während die klassische Psychotherapie oft in einem klinischen Setting stattfindet, ermöglicht die Erlebnistherapie den Zugang zu einer natürlichen Umgebung. Die Natur wird zum Spiegel für unsere inneren Prozesse. Natur(materialien) können nicht nur als äußere Objekte betrachtet werden, sondern auch als Metaphern für innere Zustände und Emotionen dienen.

Fazit

Ich bin unglaublich dankbar, dass Thomas, Leif und Jamila unsere Ausbildungsgruppe begleitet haben. Dankbar für die vielen Berg- und Talfahrten mit der Gruppe, bin dankbar für die vielen Herzensmenschen, die ich durch die Ausbildung kennenlernen durfte. Ich bin dankbar für die tausenden Momente der Nähe, des gemeinsamen Lachens und Weinens, des Sich-voll-und-ganz-Zeigens, bin dankbar für das gemeinsame Wachsen, Singen, Tanzen, Kuscheln, Raum füreinander halten und gehalten bekommen, für den Balsam für die Seele und für das sich Trauen dürfen. Gelernt habe ich so viel und vor allem nochmal so viel über mich, wieviel Potential schon in mir steckt, und wie wichtig es ist, einfach mal ins Tun zu kommen. Also warte nicht auf morgen. Du hast dein Leben selbst in der Hand. Schaff Dir Raum, du darfst dich trauen. Begib Dich auf deine Reise. Alles ist bereits in Dir.

Eisbaden gehört dazu... Erfahrungsbericht-Erlebnistherapieausbildung